Die Palmblattbibliotheken in Indien wurden schon von zahlreichen Menschen besucht. Über fast jeden Menschen wurde in diesen Palmblattbibliotheken ein Blatt angelegt, was ihm Auskunft über seine Vergangenheit wie auch seine Zukunft geben kann. Es gibt insgesamt zwölf dieser Palmblattbibliotheken, wobei vier dieser Bibliotheken von Reisenden aus Westeuropa bevorzugt genutzt werden, da die vier bekannter sind als die restlichen.
Die berühmtesten indischen Palmblattbibliotheken sollen bereits mehr als 5000 Jahre alt sein. Erzählungen zufolge entstanden diese Bibliotheken durch die Weisen, auch Rishis genannt. Es handelt sich bei den Rishis nicht um natürliche Menschen. Die Rishis galten als eine Art Heilige, die ihr Wissen für die nachkommende Generation auf der Erde hinterlassen wollten.
Die Rishis, mythologische Wesen mit göttlichen Fähigkeiten, gelten im Hinduismus als Seher und weise Männer. Dem Mythos zufolge wurden den Rishis die vedischen Schriften offenbart und auch die vedischen Hymen wurden von ihnen aufgezeichnet. Im Hinduismus sind die Rishis genauso bedeutsam wie Mohammed im Islam und Jesus im Christentum. Auch wird gesagt, dass die sieben Rishis heilig waren und sie schier unbegrenzte spirituelle Fähigkeiten hatten. Sie konnten aus diesem Grund in der Akasha-Chronik, dem universellen Gedächtnis der Welt, lesen und diese Informationen für nachfolgende Generationen hinterlassen. Millionen von Lebensläufen ließen die Rishis auf die Blätter der Palmen "tätowieren", die in alttamilisch verfasst wurden.
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Mythologie und Historie vermischen sich
Die Philosophie, die den auch Nadi Granthas genannten Palmblättern innewohnt, ist eine Manuskriptsammlung, die bis zu 24 Kapitel oder auch "Kadams" umfasst. Laut der Mythologie wird erzählt, dass Gott Shiva seinem Schüler Sri Kausika die umfangreichen Informationen über das Leben der Menschheit bis in die heutige Zeit hinein offenbart hat. Das soll den Legenden nach vor 5000 Jahren geschehen sein.
Weil Palmblätter einem biologisch natürlichen Verfall unterliegen, müssen die Schriften regelmäßig erneuert werden. Alle 500 Jahre geschieht das. Die Inschriften werden dann abkopiert und auf neue Palmblätter übertragen. Anschließend werden sie in speziellen Schachteln aufbewahrt und warten auf den Moment, an dem ein Mensch kommt, dessen Leben auf ihnen aufgezeichnet wurde und der sich auf die Suche macht nach seinem persönlichen Palmblatt. Es wurden jeweils von jedem Palmblatt zwölf Kopien angefertigt, die in den zwölf Palmblattbibliotheken aufbewahrt werden. Es wird gesagt, dass jeder, der sein Palmblatt sucht, dort fündig wird. Es ist aber auch so, dass es Fälle gibt, die nicht beim ersten, zweiten oder dritten Versuch gefunden wurden. Es ist nicht vorhersehbar, wie oft man und in welcher Bibliothek man suchen sollte. Indischen Auffassungen zufolge kommt alles dann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Als Schriftträger verwendete man meistens eine Palme, die hart und haltbar war wie unter anderem die Palmyra-Palme, aber auch die Talipot-Palme, da sie nicht sehr anfällig für Insekten sind.
Wahrheit oder Wunschdenken?
Viele Geschichten wie auch Mythen ranken sich um den Ursprung der Palmblattbibliothek. Davon besagt eine, dass die heiligen Rishis für Millionen Menschen eine Art Lebensfahrplan hinterlassen haben, bevor sie sich in eine andere Dimension begaben, zu der die Menschen keinen Zutritt haben. Seit Jahrtausenden wird diese Anleitung für eine Art glückliches Leben von den Palmblattbibliotheken aufbewahrt, an dem ein Mensch sein persönliches Palmblatt suchen kann, was oft erst nach vielen Hundert Jahren geschieht. Moderne Untersuchungsmethoden können heute sogar das Alter der Palmblätter genau datieren. Man weiß, dass die Blätter bis zu 800 Jahre alt sind.
Welchen Grund sollte es gegeben haben, für die Jahrhunderte unsinnige Texte aufzuheben, wenn diese nur frei erfunden waren?
Ist Palmblattlesen echt?
Eine Art Scharlatanerie, den Palmblattlesern vorzuwerfen, ist sehr unfair wie auch vollkommen sinnlos, vor allem weil die Lesungen nicht kostenpflichtig sind, sondern gegen eine freiwillige Spende vollzogen werden. Hinzu kommt der Aufwand der Pflege wie auch die Umstände der Lagerung der vielen Palmblätter über die Jahrtausende. Das steht in keinem Verhältnis zum Verdienst. Zudem kommt hinzu, dass nicht jeder die alten Schriften lesen und deuten kann. Aus diesem Grund sollte man bei aller Skepsis auch die guten Absichten unterstellen: die Weitergabe des universellen Wissens der indischen Rishis.
Ist man interessiert an seinem persönlichen Schicksal, so kann eine Palmblattbibliothek ein wertvoller Erkenntnispool sein, aus dem man sein spirituelles ich konkret wahrnehmen kann.
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